LESER*INNENBRIEF – Wir brauchen eine tolerantere Gesellschaft, mehr denn je.

Wir brauchen eine tolerantere Gesellschaft, mehr denn je.

Offenbar ist nicht nur unsere Jugend aktiv geworden. Zumindest was Leser*innenbriefe angeht. Frau Menger verunglimpft die Schüler*innen von Fridays for Future als Schulschwänzer, statt wie diese, sachorientiert Lösungsvorschläge zur Verminderung der größten Gefahr für die Zukunft zu liefern, nämlich den Klimawandel. Während sie die Jugendlichen als besserwisserisch beschimpft, obwohl diese weit über 20.000 Wissenschaftler*innen im Rücken haben, spielt sich Frau Menger als neumalkluge Oberlehrerin auf ohne eine solche wissenschaftliche Expertise. Des Weiteren will Frau Menger das Wort queer fälschlicherweise mit seltsam übersetzt wissen, obwohl laut Duden der Begriff klar definiert ist: Menschen ohne heterosexuelle Geschlechtsidentität bezeichnen sich als queer. Frau Menger hat auch eine falsche Vorstellung von Feminismus. Mir gefällt die übliche Bedeutung einer feministischen Gesellschaft, denn in dieser herrscht erst wirkliche Gleichberechtigung, Menschenwürde und die Selbstbestimmung aller Menschen jeglichen Geschlechts, und da gibt es eben nicht nur Mann und Frau. Es ist deshalb notwendiger denn je für feministische Ideale einzutreten, gerade in einem Land, in welchem die durchschnittliche Frau 21% weniger verdient als der durchschnittliche männliche Lohnempfänger. Frau Mengers Toleranz gegenüber den Männern hat wohl mitbewirkt, dass in allen wichtigen Gremien der BRD, Männer die überwältigende Mehrheit stellen: Vom Bundestag, über die Vorstände der Dax-Unternehmen bis hin zu den Vertretern der christlichen Kirchen. Sie versuchen mir weiterhin in den Mund zu legen, ich sei der Meinung unsere Gesellschaft sei faschistisch. Wenn wir eine antifaschistische Gesellschaft fordern, dann ist damit nur ausgedrückt, dass wir glauben das unsere pluralistische Gesellschaft bzw. Die Vertreter*innen des Staates nicht genug gegen Neonazismus und Rechtsextremismus in Deutschland unternehmen. Im Dezember 2019 zählte die Bundesregierung 94 rechts motivierte Tötungsdelikte, die  Amadeu Antonio Stiftung (AAS) zählte bereits im Oktober 2019 198 Todesopfer rechtsextremer Gewalt seit 1990. Noch viel mehr Menschen sind in diesem Zeitraum ausgegrenzt, verletzt und bedroht worden. Um auch einige Beispiele zu nennen folgende unvollständige Aufzählung: Der Mord an dem Regierungspräsidenten Lübcke, das Attentat von Halle, rechtsextreme Übergriffe in Chemnitz, sowie erst in dieser Woche die Morddrohung gegen den Bundestagsabgeordneten Diaby. Ich finde es erschreckend, dass nach solchen Terrorakten die Notwendigkeit einer antifaschistischen Grundausrichtung unseres Staates in Leser*innenbriefen, wie dem von Frau Menger in Frage gestellt wird. Sie kritisiert auch unsere Forderung nach einem sozialen Staat, weil dieser bereits existieren würde, beklagt sich aber, dass Leistungen ungerecht verteilt würden. Macht die Verteilungsgerechtigkeit aber nicht gerade einen Sozialstaat aus? Also müsste sich Frau Menger doch eigentlich unserer Forderung anschließen. Schließlich ist es ein Armutszeugnis, wenn laut Bertelsmann-Studie immer mehr Kinder und Jugendliche, zurzeit über 2 Millionen, allein in Deutschland in Armut leben müssen und dass trotz unserer so gepriesenen sozialen Marktwirtschaft. Am Ende möchte ich noch darüber aufklären, dass die mittelalterliche Gesellschaft, im Gegensatz zu den Vorstellungen von Frau Menger, gar nicht so ökologisch war. Die Abwässer von Gerbereien verseuchten schon damals die Flüsse und zudem wurde durch Rodungen und die Gewinnung von Bau- und Brennholz große Waldflächen für immer abgeholzt. Auch hier ist es verwunderliche das angesichts von Insektensterben, Artenschwund und Nitratbelastungen im Trinkwasser Menschen wie Frau Menger glauben, dass alles so weiter gehen könne wie bisher, obwohl Aktivist*innen schon seit 50 Jahren vor den Folgen unseres Umgangs mit unseren Lebensressourcen warnen. Vielleicht schwingt in den Worten Frau Mengers auch nur der Frust, der älteren Generation mit, als Angehörige dieser einsehen zu müssen, für diese bedenklichen Entwicklungen mitverantwortlich zu sein.

Mattis Fischmann, Klingenberg

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