Leserbrief von Dr. Frank Küster – ungekürzte Fassung November 1, 2013Februar 7, 2019 Erschienen im Main-Echo am 31.10.2013, in Bezug auf einen Kommentar vom 19.10.2013 über den Bundesparteitag Herr Ferber beschreibt treffend die Situation der Bündnisgrünen und ihre Bemühungen um die Loslösung von “Nur rot-grün”, aber er nimmt dabei nur schwarz-grün in den Blick und ignoriert die Öffnung zur Linkspartei. Auf dem Parteitag ging es gerade darum, eigenständig mit Inhalten zu überzeugen, das Wahlprogramm nicht mit dem Blick auf eine Koalitionsoption zu schreiben, sondern die eigenen Ziele in den Mittelpunkt zu stellen und dann hinterher zu prüfen, wie sie sich politisch am ehesten umsetzen lassen. Mit Union wie Linkspartei gibt es Überschneidungen und derzeit scheinbar unvereinbare Punkte; Eigenständigkeit und die Chance auf Machtoptionen, ohne sich überflüssig zu machen, die gibt es nur, “wenn Linke über Schwarz-Grün reden und Realos über Rot-rot-grün”, wie eine Rednerin sagte. Wie kann das gehen? Rechts und links wird in Deutschland gerne auf einer linearen Skala von “neoliberal” über “soziale Marktwirtschaft” bis “Verstaatlichung” angeordnet. Aber die Bündnisgrünen lassen sich hier nicht recht einordnen, und deswegen müssen und können sie sich öffnen. Gerade deswegen sind sie immer noch “anders” als die etablierten Parteien oder die Linke. Denn während diese als Vertretung einer gesellschaftlichen Gruppe (Arbeiter, Bürgerliche) entstanden sind, kommt Bündnis 90/Die Grünen aus Bewegungen, die sich gegen staatliche Bevormundung wehrten (Atom, Nachrüstung, Volkszählung, Bündnis 90) oder gegen gesellschaftliche (Frauen- und Schwulenbewegung). Daraus kommt ihre Vorstellung von Freiheit, und Gerechtigkeit verstehen sie als die Solidarität der vielen, die finden “es ist normal, anders zu sein”. Deswegen arbeiten sie sich an der strukturkonservativen SPD und Linkspartei genauso ab wie an der Union – die alle Wohlstand am Geld messen, während die Grünen Bewahrung der Schöpfung, individuelle Lebensgestaltung und “Gutes Leben” ohne Wachstumszwang suchen. Autor: Dr. Frank Küster