Die Kohle boomt: Große Gefahr für Energiewende

Kreisgrüne thematisieren Probleme der Energiewende und diskutieren Möglichkeiten für den Landkreis

Der Übergang von der nicht-nachhaltigen Nutzung von fossilen Energieträgern sowie der Kernenergie zu einer nachhaltigen Energieversorgung mittels erneuerbaren Energien, kurz die Energiewende, ist laut eigenen Aussagen Kernthema und Herzensangelegenheit der Bündnisgrünen. Deswegen haben sie auf ihrer letzten Kreisversammlung auch keinen externen Referenten, sondern das Vorstandsmitglied Harald Fischmann zum Thema sprechen lassen. In seinem Impulsreferat zeichnete der Gymnasiallehrer aus Trennfurt das düstere Bild vom drohenden Scheitern der Bemühungen um die Energiewende.
Kurz nach dem vierten Jahrestag der Reaktorkatastrophe in Fukushima begann Fischmann mit einem kurzen Rückblick: Der im Juni 2011 vom Bundestag beschlossene Ausstieg aus der Atomenergie sei von der CDU/CSU nur halbherzig betrieben worden. Angesichts der Atomkatastrophe in Japan habe sich die schwarz-gelbe Koalition ein Bekenntnis zur Energiewende abringen müssen, obwohl sie diese kurz zuvor mit der Laufzeitverlängerung für Atommeiler noch torpediert habe. „Schwarz-Gelb konnte und wollte die Energiewende nicht“, so Fischmann. Angela Merkel sei erst durch den öffentlichen Druck nach Fukushima zur Rückkehr zum rot-grünen Atomausstieg gezwungen worden.
Heute trete laut Fischmann immer offener zutage, dass auch Schwarz-Rot „viel Murks macht“. Das Versprechen der Energiewende sei leer und unzuverlässig: Die Ausbauziele für Erneuerbare Energien und die Abbauziele für CO2-Emissionen würden missachtet, der Emissionshandel sei bereits ruiniert worden und v.a. durch die CSU und deren „wankelmütigen Scheinriesen Seehofer“ werde weiter an einer Ausbaubremse für Öko-Strom gebastelt. Es sei paradox gleichzeitig durch die 10-H-Regel Windkraftanlagen vor Ort zu verhindern und durch die Diskreditierung der Stromtrassen den Transport der Windenergie aus Norddeutschland trotz der dortigen größeren Windhöffigkeit unmöglich zu machen. Folge: Selbst Kohle- und Atomstrom stünden weiter stabil im Markt, v.a. „die Braunkohle boomt“.
Seine Kritik an der aktuellen Energiepolitik machte Fischmann an zwei Beispielen fest. In Monat März sei mit dem Steinkohlekraftwerk Moorburg in Hamburg „eine Dreckschleuder ans Netz gegangen, die alle Bemühungen um eine Energiewende, die den Namen verdient, konterkariert“. Die Verfeuerung v.a. kolumbianischer Steinkohle habe nicht nur die Emissionen in Hamburg, 8,5 Mio Tonnen CO2, 7850 Tonnen Schwefeldioxid und Stickoxide, 785 Tonnen Feinstaub, 3,2 Tonnen Blei, 1,2 Tonnen Quecksilber, 1 Tonne Arsen, und jeweils 0,6 Tonnen Cadmium und Nickel zur Folge. Durch den in Kolumbien üblichen Tagebau werde zudem die Klimabilanz des südamerikanischen Landes stark negativ beeinflusst, da dort das bei der Steinkohleförderung austretende Methan – ein schlimmerer Klimakiller als Kohlendioxid – einfach in die Atmosphäre abgegeben werde, während es im heimischen Untertagebau früher aufgefangen worden sei.
Gleichzeitig sei mit dem „Pleitegaskraftwerk“ in Irsching eine Anlage ins Gerede gekommen, deren Block 4 mit einem Wirkungsgrad von über 60 Prozent, den derzeitigen Weltrekord für Gaskraftwerke ohne Kraft-Wärme-Kopplung halte. Laut Fischmann mache „die Politik etwas verkehrt, wenn modernen Gaskraftwerken das wirtschaftliche Aus droht, während man mit Braunkohlekraftwerken, die dreimal so viel CO2 pro kWh produzieren, weiterhin den großen Reibach macht“.
Für die Kritik an der hohen EEG-Umlage zeigte Fischmann Verständnis. Ein Beleg dafür, dass etwas schief läuft, sind für Fischmann auch die in den letzten Jahren extrem ansteigenden deutschen Exportüberschüsse auf dem europäischen Energiemarkt, die sich gegenüber 2011 fast versechsfacht hätten. Dies habe u.a. mit Überkapazitäten zu tun, die dadurch zustande kommen, dass die veralteten mit Kohle und Uranbrennstäben betriebenen Grundlastkraftwerke ihre Produktion nicht rechtzeitig bzw. weit genug drosseln könnten, „wenn der Wind ordentlich pfeift und die Sonne lacht“. Resultat seit der Stromverkauf zu Spottpreisen, was wiederum zu einer größeren Diskrepanz zwischen Marktpreis und Energieeinspeisevergütung führe. Folge davon: Die EEG-Umlage steige. Als „unsolidarisch“ bewertete der Ethiklehrer die Tendenz, dass immer mehr Unternehmen angeblich aus Wettbewerbsgründen von der EEG-Umlage befreit seien: Seit 2005 habe sich die Zahl von unter 300 auf knapp 2100 versiebenfacht. Würde man diese Betriebe an der EEG-Umlage beteiligen, müsste sie um mehr als 1,3 Cent pro kWh sinken.
Als Schlüsselaufgaben für die Zukunft sieht Fischmann die Entwicklung bzw. den Ausbau neuer Speicher- und Einspartechnologien. Vom Ziel der Energiewende sieht der Bündnisgrüne Deutschland noch weit entfernt. „Der Atomausstieg ist zwar beschlossen, der Kampf gegen den verheerenden Einsatz fossiler Energieträger muss aber weitergehen.“
In der anschließenden Diskussion sprach sich die Kreisversammlung für die Etablierung einer Energiemesse im Kreis Miltenberg aus, um den Bürgerinnen und Bürgern v. a. die individuellen Einsparpotentiale zu verdeutlichen und mit der damit verbundenen Produktpalette vertraut zu machen. Kreissprecher Frank Küster schlug zudem die Einrichtung eines Unternehmernetzwerks Energie im Landkreis vor, in dem sich v. a. energieverbrauchsintensive Unternehmen über ihre Maßnahmen zu Einsparung austauschen können. Den verstärkten Einsatz der LED-Technik mahnte Marcel Schmidt für die kommunale Straßenbeleuchtung, aber auch für Ampelanlagen an. Harald Fischmann sprach sich in Zeiten der Bedrohung der kommunalen Daseinvorsorge durch Freihandelsabkommen wie TTIP für die Stärkung der Stadtwerke aus. Der Klingenberger Stadtrat sieht das Kommunalunternehmen seiner Heimatgemeinde hier in einer Vorreiterrolle. Mit einer Abdeckung von über 80 Prozent des Haushaltsstroms aus eigener regenerativer Produktion und mit dem Verkauf von nur noch grünem Strom seit Anfang des Jahres hätten die Stadtwerke Klingenberg ihren Beitrag zur Energiewende bereits geleistet. „Jetzt ist es Sache der Bürgerinnen und Bürger, ob sie solche Energieanbieter als Kunden unterstützen möchten oder doch lieber Großkonzerne, die immer noch auf Kohlestrom setzen.“

Autor: Harald Fischmann, Pressesprecher

 

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