Mit einiger Verwunderung hat die Kreistagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen zur Kenntnis genommen, dass Björn Bartels sowie die Kreisverbände der Neuen Mitte (NM) und der CSU auf Instagram eine „Alternativenprüfung zur Generalsanierung“ der Berufsschule Miltenberg für sinnvoll halten.
Kurz zur Historie: Der einstimmige Beschluss des Kreistags zu Sanierung / Neubau der Berufsschule im Rahmen des Schulbauprogramms III stammt aus dem Jahr 2019. In der Folge dieses Beschlusses wurde das Raumprogramm mehrfach zusammen mit der Schule und einem Fachplaner für Entwicklung von Raumkonzepten überarbeitet und mit der Regierung von Unterfranken abgestimmt. Im Oktober 2024 wurden im Rahmen der Bauausschusssitzung vier Varianten präsentiert. Im Mai 2025 wurden schließlich in einer Arbeitsgruppe drei favorisierte Varianten öffentlich vorgestellt und diskutiert. Im Ausschuss für Energie, Bau und Verkehr wurden diese Varianten weiter diskutiert. Der aktuelle Vorschlag von Björn Bartels überrascht deshalb, weil der kontinuierliche und transparent geführte Prozess somit schon geraume Zeit andauert und entsprechend weit gediehen ist.
Vor diesem Hintergrund wird klar, dass eine „Alternativenprüfung zur Generalsanierung“ den Prozess weit zurückwerfen und somit das Projekt zeitlich stark verzögern würde. Dabei besteht schon lange kein Zweifel am Sanierungsbedarf der Berufsschule, bereits 2012 wurden die „erheblichen Mängel“ an den Gebäuden im Kreistag thematisiert. Nach dem Abschluss der Sanierung von drei Gymnasien, zwei Realschulen und mehreren Turnhallen sollte nun endlich die Berufsschule an der Reihe sein, doch diese Planung droht ausgebremst zu werden.
Was Björn Bartels und die NM/CSU unter „Alternativenprüfung zur Generalsanierung“ konkret verstehen, wird indes nicht weiter erläutert und bleibt der Phantasie jedes einzelnen überlassen. In der Theorie ist eine Alternative zur Generalsanierung „keine Sanierung“. Es wäre jedoch mehr als schäbig, unser Handwerk und unseren Mittelstand bei jeder Gelegenheit zu loben, um dann in dem Moment, in dem den Worten endlich Taten folgen könnten, andere Optionen zu verfolgen. Unsere jungen Menschen haben ein Recht auf eine moderne, gut ausgestattete Berufsschule, die ihnen bestmögliche Lernbedingungen bietet. Möglich, dass mit dem Vorschlag ein kompletter Neubau gemeint ist – dies wurde jedoch vor geraumer Zeit im Rahmen des Prozesses geprüft und verworfen. Sicher ist, dass der Neubau nicht günstiger als die aktuell verfolgte Lösung ist, umso weniger an einem alternativen Standort, wenn zudem ein Grundstück gefunden, finanziert und gegebenenfalls Infrastruktur geschaffen werden muss. Andere Varianten, zum Beispiel eine teil- oder abschnittsweise Sanierung, sind ohne Probleme innerhalb der aktuellen Planungen realisierbar. Alternativ ist auch ein Public Private Partnership (PPP)-Modell, also eine Kooperation der öffentlichen Hand mit der privaten Wirtschaft. Dieses geht jedoch häufig einher mit langfristig höheren Kosten und bedeutet zudem limitierte Einflussmöglichkeiten. Der Landkreis sollte nach Meinung der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen seine Bildungsaufgabe ernst nehmen und die Qualität der beruflichen Bildung durch eigene Trägerschaft sicherstellen.
Gesetzt dem Fall, dass eine Alternativenprüfung durchgeführt würde, kann mit einer zeitlichen Verzögerung von etwa 2 Jahren gerechnet werden – bei gleichzeitig äußerst geringen Chancen auf Einsparpotentiale. Mehr noch, bei einer jährlichen Baukostensteigerung von etwa 2,5-3 % und der drohenden Rückzahlung bereits genehmigter Zuschüsse gibt es nur marginale Hoffnung auf eine kostengünstigere Lösung im Vergleich zur aktuell Geplanten. Ein Trost ist an dieser Stelle, dass das erwartete Volumen für die Generalsanierung nicht bei etwa 80 Mio. Euro liegt, wie der Instagram Post angibt, sondern aufgrund der bereits erzielten Flächenreduzierungen geringer. Unbeantwortet bleibt auch die Frage was mit den bereits sanierten Flächen (Körperpflege) und der Hochschule passieren soll und wie die Kosten für ein anderes Grundstück berücksichtigt werden sollen.
Da also Kosteneinsparungen im Vergleich zu den bisherigen Planungen fast aussichtlos scheinen, liegt die Vermutung nahe, dass der Fokus an anderer Stelle liegt. Fakt ist, dass die Kreisumlage in den kommenden Jahren über die Schmerzgrenze von 50 % steigen wird, wenn das Projekt Berufsschule angegangen wird. Fakt ist auch, das die Finanzierung mit der aktuell gültigen, von NM/CSU vorgeschlagenen Kreisumlage von 47.9 % schwerer zu finanzieren sein wird als mit den vom Kämmerer als notwendig erachteten und ursprünglich vorgeschlagenen 49,9 %. Nicht zuletzt hat der Kommunalwahlkampf bereits begonnen und im Mai 2026 werden sich die politischen Verhältnisse im Kreistag ändern.
In jedem Fall muss die Frage erlaubt sein, weshalb Björn Bartels eine erneute Alternativenprüfung für sinnvoll hält, wenn bereits eine fachlich fundierte, immer wieder im Kreistag diskutierte Planung vorliegt – wohlwissend, dass die Alternativenprüfung zu zeitlicher Verzögerung und höheren Kosten führen wird?
Für uns ist klar: Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen setzt sich weiterhin für die dringend notwendige Generalsanierung der Berufsschule auf Basis des aktuellen Planungstands ein. Es bedarf hier einer zügigen und nachhaltigen Lösung, die den Sanierungsbedarf der Berufsschule endlich angeht. Wir wollen bestmögliche Voraussetzungen für unsere Berufsschüler und Berufsschülerinnen schaffen und können durch die Weiterverfolgung des eingeschlagenen Weges zeigen, dass wir dies auch ernst meinen. Der selbsternannte „Bildungslandkreis Miltenberg“ sollte seinem Anspruch gerecht werden und jungen Menschen Lust auf Handwerk machen, gut qualifizierte Fachkräfte hervorbringen und den Standort „Landkreis Miltenberg“ für die Zukunft sichern.