Ist der Klimawandel menschengemacht? Wie wirkt sich dieser auf Mensch und Natur aus? Können wir uns die Energiewende überhaupt leisten? Wie muss das Energiesystem der Zukunft aussehen? Und wie viele Gaskraftwerke brauchen wir eigentlich?
Antworten auf diese und weitere Fragen gaben Dr. Steffen Scharrer vom Bund Naturschutz und Dr.-Ing. Christian Blaufelder (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) in der Veranstaltung „Klimawandel: Ursachen, Auswirkungen, Lösungen“ am Montag, 06.10.25 im Foyer der Frankenhalle in Erlenbach. Eingeladen hatten der Kreisverband von Bündnis 90/DIE GRÜNEN und die Ortsverbände Obernburg-Eisenbach und Erlenbach.
Gastredner Dr. Scharrer zeigte anhand von verschiedenen Untersuchungen eindrucksvoll auf, dass der Klimawandel, der uns bereits jetzt große Probleme bereitet und in Zukunft noch größere Probleme bereiten wird, zu 100 Prozent vom Menschen gemacht ist. „Es gibt keine Spezies, die so in das Klima eingreift, wie der Mensch “, so Dr. Scharrer. „Natürlich gab es in der Vergangenheit immer wieder Schwankungen, es gab den Wechsel von Kalt- und Warmzeiten, aber was wir jetzt beobachten ist neu.“ Die Temperaturen, die uns in den kommenden Jahrzehnten drohen, hat die Menschheit bisher nie erlebt. Dies hat Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen, auf die Tier- und Pflanzenwelt, auf die Ausbreitung von Dürregebieten und letztendlich auch auf die Migration.
So kommen Tierarten neu zu uns, wie zum Beispiel die Tigermücke, die gefährliche Krankheiten überträgt, andere Tierarten gehen dramatisch zurück, wie zum Beispiel viele Amphibien, wandernde Arten haben es schwerer und die Korallen „saufen ab“, weil der Wasserspiegel steigt.
Dass der Grundwasserspiegel sinkt und die Dürregebiete zunehmen, beobachten wir auch bei uns am Untermain. So zeigen die Grundwassermessstellen in Niedernberg und Großostheim dass die Grundwasserstände abnehmen. „Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, so Scharrer.
Damit wir Menschen gesundheitlich einigermaßen klarkommen, ist es wichtig, dass die Städte und Gemeinden Maßnahmen zur Klimaanpassung ergreifen, d.h. dafür sorgen, dass Orte und Gebäude abgekühlt werden.
Dr. Scharrer sprach auch das Thema Migration an. Zurzeit wohnen ca. 29 Millionen Menschen in Gegenden, die eigentlich aufgrund der hohen Temperaturen und Dürre unbewohnbar sind. Im Jahr 2070 werden ca. 3 Milliarden Menschen davon betroffen sein und es ist sehr leicht sich vorzustellen, was Menschen tun werden, die in Gebieten leben, die eigentlich unbewohnbar sind.
Klimaschutz ist das wichtigste Thema überhaupt und Maßnahmen müssen sofort ergriffen werden.
Moore und alte Wälder speichern besonders viel Kohlendioxid. „3 Prozent Naturwald im Spessart müssen doch vor diesem Hintergrund möglich sein“, äußerte er sich kritisch im Hinblick auf die kontroverse Diskussion um ein Biosphärenreservat Spessart.
Dr. Christian Blaufelder beleuchtete die technische Seite der Energiewende und deren Kosten.
Durch die enorme technische Entwicklung bei den Erneuerbaren Energien sowie der Batteriespeicher sind die Kosten deutlich gefallen. Weltweit lege so der Ausbau der Erneuerbaren enorm zu, Atomkraftwerke würden kaum noch gebaut, so Dr. Blaufelder.
Natürlich kostet die Energiewende Geld. Wenn wir aber nichts tun, dann kostet uns das viel mehr. Der Rückversicherer Allianz warnt davor, dass in Zukunft klimabedingte Risiken nicht mehr versichert werden könnten.
Das finanzielle Einsparpotential ist hoch: In Deutschland geben wir ca. 70 Milliarden Euro jährlich für fossile Brennstoffe aus, die wir zum großen Teil durch regenerative Energien ersetzen können. Das Ausbaupotential vor allem bei der Photovoltaik sei enorm, als Beispiele nannte Dr. Blaufelder die Agri–Photovoltaik, PV-Anlagen an Fassaden, Zäunen, Lärmschutzwänden, über Parkplätzen oder auch zwischen den Bahngleisen.
Auch im Bereich der Energienetze gibt es großes Einsparpotenzial. Die Anzahl von 900 Verteilnetzbetreibern in Deutschland ist mit für den hohen Strompreis verantwortlich. Hier ist eine deutliche Reduzierung der Anzahl sowie eine Harmonisierung der Vertragswerke dringend notwendig.
Heftig diskutiert wird zurzeit, wie viele Gas-Reservekraftwerke gebaut werden müssen. Hier sieht Dr. Blaufelder die von Wirtschaftsministerin Katharina Reiche geplanten 22 GW Kapazität als viel zu hoch angesetzt; diese würden den Strompreis steigen lassen, die Abhängigkeit von Gas festigen und den Klimawandel beschleunigen. 12,5 GW maximal würden genügen, diese Menge sei auch bereits mit der EU verhandelt.
Sinnvoller und günstiger sei es, in Energiespeicher, Bioenergieanlagen, KWK oder Geothermie zu investieren.
Abschließend stellte Dr. Blaufelder fest: Wir dürfen nicht länger warten, die Maßnahmen müssen sofort wirken, die Erneuerbaren Energien sind vorhanden, sie können jetzt und sofort in Verbindung mit einem cleveren Netzausbau eingesetzt werden.